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Bullen vom Thron gestürzt


20. März 2016 – 27. Spieltag:

Rückstand aufgeholt und Spitzenspiel verdient gewonnen: Das Kollektiv aus Tradition besiegt millionenschwere Individualisten. Der Comeback-Club entzückt seine Fans und macht den Aufstiegskampf noch spannender. Drama und Euphorie sind nicht auszuschließen.

Als Burgi von der rot-schwarzen Jubeltraube begraben wurde, waren wir uns endgültig sicher: Der Club gewinnt das Spitzenspiel gegen Leipzig, sackt die drei Punkte ein und macht den Aufstiegsdreikampf zum noch engeren Kopf-an-Kopf-Rennen. Unser Jubel im Achteck war ausgelassen und grenzenlos. Zur Strafe für das Sahne-Tor zum 3:1 und die klasse Leistungen der letzten Monate darf unser GB9 jetzt zur österreichischen Nationalelf.

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Das hat Burgi sich mehr als verdient: Elf Tore, sieben Vorlagen, unerschütterlicher Kampfgeist und unendlich vielen Laufkilometer sprechen für ihn. Die Ironie am Rande: Burgstaller ersetzt Leipzigs Stürmer Sabitzer, der wegen Zahnproblemen abgesagt hat. Spötter behaupten, dass zu viele Energy-Brause seine Zähne ruiniert habe.

Serie nur kurz gefährdet

Nach dem 0:1 in der 52. Minute dacht ich mir noch: „Oje, heute reißt vielleicht die Serie. Ausgerechnet heute! Damit wäre Leipzig durch und hätte uneinholbare neun Punkte Vorsprung vor dem Altmeister.“ Aber wie so oft in den letzen Wochen und Monaten zeigte der Club seine unfassbaren Comeback-Qualitäten und hat wieder einen Rückstand aufgeholt. Damit nicht genug – sogar in einen Sieg umgemünzt. Der Ruhmreiche erzielte drei Buden in 20 Minuten. Was für eine phantastische Moral! Und dass ausgerechnet Petrak mit dem wichtigen 1:1 den Dosenöffner spielte, freut mich umso mehr. Mit dem Rucksack, unseren kreuzbandgeschädigten Youngster Erras würdig vertreten zu müssen, kam er prima zurecht. Und dass Petrak dann in seinem 51. Spiel sein erstes Tor für den FCN macht, ist eine herrlich klischeehafte Geschichte für uns Fußballromantiker.

IMG_0334_bearbeitetHerz ist Trumpf

Genau diese Geschichte ist es, die perfekt zum Duell „Langjährige Tradition mit Liebe und Leid“ versus „Künstliche Maschinerie mit Kommerz ohne Herz“ passt. Und Herz und Leidenschaft zeigten nicht nur die Mannschaft, sondern auch wir Fans im Achteck: Knapp 41.000 Zuschauer wollten beim Topspiel dabei sein und haben ihr Kommen sicherlich nicht bereut – abgesehen von den 2.500 Anhängern aus Leipzig, die sich mehr erhofft haben.

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Bis zum Ausgleich in der 70. Minuten feuerten wir Fans den Ruhmreichen energisch an, doch danach geriet das Nürnberger Achteck zum Stimmungskessel. Keine fünf Minuten später dann zum Tollhaus, als Lücke die 2:1-Führung für den Club erzielte. Wieder einmal Lücke, der bis dahin noch keinen Stich in der Partei gemacht hatte, aber bei dieser Szene goldrichtig stand und wuchtig einnetzte.

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Spätestens jetzt waren alle Club-Fans endgültig emotionalisiert und peitschten ihre rot-schwarzen Lieblinge in diesem rassigen, kampfbetonten und spannenden Gipfeltreffen zum Sieg.

Sieg des Kollektivs

Dass der Sieg für den FCN verdient war, dürften bis auf RB-Trainer Rangnick alle genauso gesehen haben. Der aber weinte sich die letzten Tage medial aus, dass seine arme Mannschaft grippegeschwächt war und das Spiel eigentlich hätte verschoben werden müssen. Dann nahm er – ausgerechnet er – Worte wie Chancenungleichheit und Wettbewerbsverzerrung in den Mund! Leute, das ist ja wohl der größte Treppenwitz der Geschichte! Dass sich ausgerechnet der Verein beschwert, der als Marketingkonstrukt eines Milliardärs entstanden ist und so dutzende Millionen für neue Spieler um sich schmeißen kann, die andere Vereine erstmal jahrzehntelang erwirtschaften müssen. Aber gut, soll Rangnick sich ruhig weiter in die Tasche lügen. Ist eben ein schlechter Verlierer, der leider eine gute Leistung des Siegers nicht anerkennen kann. Unser Trainer Weiler hätte das Format auf jeden Fall gehabt, ehrlich lobende Worte für den Sieger zu finden. Das ist eben Charaktersache.

Denn letztendlich spricht die Bilanz des Spiels klar für den Club. Er hatte mehr zwingende Torchancen, mehr Ballbesitz, mehr Ecken. Stand sehr stabil, hat kaum etwas zugelassen und das Spiel beherrscht. Leipzig dagegen mit sehr aggressivem Pressing und vielen überzogen harten Fouls: Der Schiri hätte viel häufiger Gelb zeigen müssen sowie einen eindeutigen Elfer für den Club und einen möglichen für Leipzig geben können.

Sei es drum. Am Schluss triumphierte das verschworene Kollektiv gegen die millionenschweren Individualisten, die zwar über sehr viel Klasse verfügen, aber nicht über die gleiche mannschaftliche Geschlossenheit wie der FCN. So verdiente sich unsere Truppe nach dem Abpfiff redlich ihre Ehrenrunde und ließ sich ausgiebig feiern. Ob das inzwischen fast zu einer lästigen Pflichtübung wird? Ich glaub, das macht eher süchtig nach mehr!

IMG_0394_bearbeitetTrio marschiert im Gleichschritt

Wie geht es weiter? Freiburg konterte im Montagsspiel wieder mal den Sieg, den der FCN vorgelegt hat und ist jetzt neuer Tabellenführer. Damit sind die Bullen vom Thron gestürzt. Aber irgendwie schon frustrierend, dass du marschierst, aber alle anderen genauso. Daher lautet bei lediglich drei Punkten Rückstand weiter die Devise: Von Spiel zu Spiel denken und immer wieder punkten, punkten, punkten. Und dann hoffen, dass Leipzig erneut und Freiburg endlich mal wieder stolpert.

Trotzdem spricht für den Ruhmreichen die fast schon unheimlich anmutende mannschaftliche Geschlossenheit sowie der Wille alles zu geben und nie aufzustecken. Trotz Rückschläge und schwerer Verletzungen von wichtigen Spielern wie Schäfer und Erras.

Aus diesem Momentum muss der Club weiter Zuversicht und Selbstvertrauen schöpfen. Auf jeden Fall kann sich die Mannschaft sicher sein: Die Fans stehen wieder voll hinter dem Team und dem Verein. Rucksack und Ballast der letzten zwei Jahre sind abgeworfen. Die ansteigenden Zuschauerzahlen sind ein guter Beleg dafür. Alle sind heiß auf den Altmeister und der Blick geht nur noch gemeinsam nach vorne.

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Die Serie von 17 Spielen ohne Niederlage mit elf Siegen und sechs Unentschieden ist inzwischen Vereinsrekord. Superlative gehen mir allmählich aus – das habe ich in meinem 30-jährigen Fandasein noch nicht erlebt. Der Club wird irgendwann sicherlich mal wieder eine Partie verlieren. Aber das darf ruhig erst wieder in der 1. Liga sein …

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